Warning: Undefined variable $parent_style in /home/httpd/vhosts/autorenberater.de/autorenberater.de/wp-content/themes/DiviChild/functions.php on line 8

Schreiben, lachen, beisammen sein – das heißt es jeden ersten Samstag im Monat in der Mark-Twain-Bibliothek, Berlin. Denn mit Eistee und Snacks ausgestattet, gibt es für junge Schreiberlinge immer neue Schreibaufgaben und -spiele.

Erwartet habe ich nach einer Erwähnung in einem Newsletter eine kleine, gemütliche Gruppe lesebegeisterte Menschen mit Zettel und Stift. Zweiteres hat sich bewahrheitet – wobei ein paar wenige auch digital schreiben – und für Ersteres müsste man klein definieren. Fünfzehn bis zwanzig Teilnehmer pro Nachmittag sind für mich allerdings nicht mehr klein.

Gemütlich ist es aber trotzdem, denn die anderen sind supernett und aufgeschlossen.

Zum Schreiben bin ich, wie wahrscheinlich viele, übers Lesen gekommen. Im Sommer 2023 durfte ich mein Schülerpraktikum der neunten Klasse bei der Europäischen Verlagsgesellschaften GmbH sowohl mit Lektorieren als auch Designen von Covern verbringen. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht und mich bestätigt, weiterhin die Schreibwerkstatt zu besuchen.

Bei meinem ersten Besuch sollten wir beispielsweise analoge Instagram-Beiträge kommentieren, und ein anderes Mal bekamen wir kurze Pitches, zu denen wir Kurzgeschichten, Gedichte oder Klappentexte entwerfen durften.

„Was macht ein Journalist, dessen veröffentlichte Lügengeschichte plötzlich Wahrheit wird?“, oder „Erzähle die Geschichte von einem Taxi, das Menschen nicht dahin bringt, wohin sie wollen, sondern wohin sie müssen.“ Es ist unglaublich spannend, wie viele kreative Köpfe ganz eigene Vorstellungen von ein und derselben Aufgabe haben.

Zum Abschluss des Nachmittags spielen wir immer „Werwolf“ – ein Spiel, in dem Dorfbewohner gegen Werwölfe ankämpfen, ohne dass die Mitspieler wissen, wen man eigentlich spielt. Im Spiel muss man als seine Rolle agieren, was für die Charaktererstellung beim Schreiben sehr sinnvoll sein kann.

Die Entdeckung der Schreibwerkstatt hat aber noch mehr losgetreten, als nur alle vier Samstage nicht mehr zu Hause zu sein: Die Gruppe veranstaltet regelmäßig Ausflüge. Vor Kurzem war ich in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig und jährlich steht der Besuch der Leipziger Buchmesse und die lange Schreibnacht an. Bei Letzterem veranstalteten wir im August ein Krimidinner und deckten die tiefen Abgründe eines Familienstammbaumes auf. Weiter geht die Liste mit Lesungen in der Bibliothek oder Workshops.

Ein Highlight – dem ich erst nächstes Jahr beiwohnen darf – ist der Storytausch, das von der Schreibwerkstatt jährlich geschriebene Buch. Jedes Jahr wird ein Autor oder eine Autorin als Unterstützung eingeladen, dieses Jahr Markus Heitz. Eine viel bessere Möglichkeit für Jugendliche, schon einmal Schriftsteller-Luft zu schnuppern, gibt es wohl nicht.

 

Und wer hält die ganze Truppe zusammen?

Renate Zimmermann übernimmt die Leitung und hat uns alle, nach eigener Aussage, sehr lieb.

Sie rief die Schreibwerkstatt vor über zehn Jahren ins Leben und begrüßt immer neue, fleißige Schreiberlinge, die sich der Gruppe anschließen wollen. Demnach bieten solche Schreibwerkstatten eine Chance, sich mit anderen Schreibbegeisterten auszutauschen und gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Bei Fragen stößt man auf offene Ohren, als Motivation zieht die Gruppe einen mit und hat man keinen Anhaltspunkt, was man schreiben soll, gibt es kleine Schreibimpulse.

Alles in einem: Die Schreibwerkstatt ist ein wunderbarer Ort, seine Kreativität auszuleben und mit anderen zu teilen.

 

Übrigens: Neben Werwolf gibt es noch andere schöne Spiele, um sich im Geschichtenerzählen oder Charaktererstellung zu üben. „Pen and Paper“, oder für viele eher bekannt: „Dungeons and Dragons“ ist ein Rollenspiel, bei dem jeder Spieler einen selbst ausgedachten Charakter verkörpert und bestenfalls ausspielt. Im klassischen Sinne wären das beispielsweise Magier, Kämpfer oder Diebe.

Der Spielleiter erzählt die Rahmengeschichte. „Ihr wacht in einem Gefängnis auf. Es ist vollkommen in Stein gehauen und nur wenige Fackeln beleuchten spärlich den Raum. Eure Waffen tragt ihr nicht mehr bei euch und auch sonst seht ihr nichts, außer vier Steinpritschen an der Wand. Was tut ihr?“

Der Magier versucht vielleicht verzweifelt, Magie zu wirken, der Kämpfer bricht sich den Arm, als er gegen die Wände schlägt, und ein Dritter legt sich erst einmal schlafen. Die Würfel entscheiden über Sieg oder Niederlage und der Spielleiter lenkt die Spieler ins Geschehen. Doch jeder entscheidet für sich selbst – oder bestenfalls als Team – was er tun oder lassen möchte. Vielleicht wollt ihr gar nicht ausbrechen, sondern lieber Skulpturen in den Stein hauen und diese verkaufen. Ihr allein erzählt die Geschichte.

Ich denke, auf diese Weise kann man lernen, sich in verschiedene Figuren hineinzuversetzen, welche für jede Geschichte unerlässlich sind. Auch seine Kreativität kann man ankurbeln oder einfach nur Spaß am Geschichtenerzählen haben.

 

 

Interview mit Renate Zimmermann, Leiterin der Schreibwerkstatt

Was ist eine Schreibwerkstatt?

Darauf kann man verschiedene Antworten geben. Jeder hat andere Erwartungshaltungen an eine Schreibwerkstatt. Ich selbst habe die Treffen immer im eigentlichen Wortsinn gestaltet: Eine Werkstatt, in der man mit Sprache und Worten experimentiert, Sätze daraus baut, fertige Texte umbaut, auseinandernimmt und neu zusammensetzt. Jeder kann seine Texte zur „Reparatur“ mitbringen in die Werkstatt. Manches bleibt auch liegen oder wird „verschrottet“.

Kann man konkrete Fragen zu Projekten oder Plots mit der Gruppe besprechen oder hilft die Werkstatt bei der Konzipierung eines Buches?

Man kann Fragen zu eigenen Projekten und Plots mitbringen und zur Diskussion stellen, aber es gibt auch viele Projekte, die die gesamte Gruppe betreffen und somit auch besprochen werden müssen. Die Konzipierung eines Buches bezieht sich in der Schreibwerkstatt nur auf das jährliche Storytauschprojekt. Jedes Jahr schreiben ca. 25-30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem Autor / einer Autorin gemeinsam ein Buch, dessen Plot und Konzept die gesamte Gruppe mitbestimmt. Geplante Bücher Einzelner haben bisher keine Rolle gespielt, bzw., es gab sie gar nicht.

Ist es sinnvoll für Autoren, eine Schreibwerkstatt zu besuchen und wenn ja, warum?

Es ist sinnvoll, wenn man noch keinen eigenen Stil gefunden hat. Schreiben ist ein Handwerk, das man erlernen muss. Das funktioniert am besten, wenn man einen Schreibkurs belegt und sich mit anderen austauscht, voneinander lernt, Texte überarbeitet, vielleicht auch andere weiterschreiben lässt, wenn man feststeckt. Wichtig ist, dass man an seinem Ziel festhält. Im Kreis von Gleichgesinnten fällt das leichter. Man lernt Selbstvertrauen, sieht, dass andere gleichgeartete Schwierigkeiten haben und es eine Grundweisheit gibt: schreiben, schreiben, schreiben! Nur so kann man besser werden.

Wie kamst du dazu, die Schreibwerkstatt zu leiten?

Schon immer fand ich faszinierend, welch vielfältige Möglichkeiten es gibt, mit Sprache und Wörtern zu spielen und zu experimentieren. Weil das in der Gruppe noch viel mehr Spaß macht, hatte ich schon immer eine große Sehnsucht danach, Jugendliche dafür zu begeistern. Durch meine Arbeit als Medienpädagogin wusste ich, dass es viele junge Menschen gibt, die gerne schreiben, aber in der Klasse als „Exoten“ gelten. Das war Grund genug für mich, eine Schreibwerkstatt für Jugendliche ins Leben zu rufen, die von Anfang an großen Zuspruch hatte. Dass sie seit 13 Jahren erfolgreich existiert, bestätigt mich darin, ein wichtiges Angebot zu leisten. Viele junge Autorinnen und Autoren haben darin ihre Heimat gefunden.

Gibt es auch Schreibwerkstätten für Erwachsene?

In der Mark-Twain-Bibliothek in Berlin gibt es auch eine Schreibwerkstatt für Erwachsene. Sie wird von einer professionellen Schreibberaterin angeleitet und ist als Kurs der Volkshochschule buchbar. Auch andere Einrichtungen bieten Erwachsenen die Möglichkeit, sich zu treffen und gemeinsam zu schreiben. Viele Autoren leiten Schreibkurse oder arbeiten als Schreibcoach und lassen Interessierte von ihren Erfahrungen profitieren. Wer solche Angebote sucht, wird auf jeden Fall fündig. Entweder vor Ort im Kiez oder online.

 

Ein Gastbeitrag von Sanya Lehmann

 

https://www.berlin.de/bibliotheken-mh/angebote/schreibwerkstatt-fuer-jugendliche/

Allgemeine Informationen

Wo: Bezirkszentralbibliothek „Mark Twain“

Wann: jeden 1. Samstag im Monat von 14.00 – 17:30 Uhr

ab 12 Jahre